aus bma 8/00
von Dieter Fietze
Nach diversen XJ 650/750 und 900, die ich nach jeder Saison mit hoher Kilometerleistung wieder verkaufte, fragte mich irgendwann mal meine Frau, ob ich denn jedes Jahr ein neues Motorrad haben müsste und warum ich es nicht behalten könnte. Warum nicht, aber welches? Es sollte auf jeden Fall eine XJ sein mit Kardan und zuverlässigem Motor.
1986 baute Yamaha eine Serie der XJ 900 ohne Verkleidung, und in der Farbe Rotmetallic-Silber gefiel sie mir ganz gut. Man würde heute sagen, dass das der Trentsetter für die unverkleideten Motorräder war.
Im April ‘86 kaufte ich bei der Abholung noch den klassischen Krauser-Koffersatz mit den Halterungen dazu. Im ersten Jahr gab es nur die normalen Inspektionen, bei 18.500 km war ein Satz neuer Bremsbeläge hinten fällig und bei 6.500 und 12.000 Kilometer wurden zwei mal die Federbeine auf Kulanz gewechselt. Es waren nicht die Federbeine, die man sonst bei der XJ 900 verbaute, sondern eine Version ohne Ausgleichsbehälter. Als sich bei 18000 km zum dritten Mal die Federbeine durch Ölen bemerkbar machten, schrieb ich Yamaha an, ob ich nicht die Federbeine mit Ausgleichsbehälter bekommen könnte. Yamaha reagierte in diesem Fall sehr kulant – ich bekam diese durch meinen Händler und hatte bis Kilometer 78.000 Ruhe. 1987 wurden im Laufe der Saison bei circa 31.000 km die Radlager vorn gewechselt und natürlich gegen voll gekapselte eingetauscht. Der nächste Radlagerwechsel vorn kündigte sich erst bei circa 79.000 km an. Die voll gekapselten Lager, die nur wenig mehr kosten, zahlen sich bei dieser Kilometerleistung voll aus – alles andere wäre Sparen am falschen Ende. In gleichem Zuge wurden die Bremsbeläge vorn auch gleich gewechselt. Bei den hinteren Belägen konnte man sich alle 30.000 km auf den Wechsel vorbereiten. Da ich die Gabelfederung zu weich fand, baute ich von der Firma Wirth Federn ein. Mit entsprechendem Öl hatte ich ein verbessertes Ansprechen der Gabel.
Im Winter 87/88 baute ich dann von Emil Schwarz das Lenkkopflager mit Untermaß ein. Die vielen Schottertouren in Skandinavien machten dem originalen Lenkopflager schwer zu schaffen. Wie sich beim Messen herausstellte, war die obere Lagerschale circa 0,1 mm oval. Nicht gerade förderlich für eine gleichmäßige Auflage der Kegelrollen in der Lagerschale. Da ich die Lager mit Untermaß bestellt hatte, konnte ich sie spannungfrei einkleben. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Mit fast noch neuem Radlager, anderen Federn und Öl sowie dem präzisen Lenkkopflager fuhr das Motorrad jetzt auch bei Höchstgeschwindigkeit in den Kurven recht stabil. Bis auf das leichte Walken der schmalen Reifen kam keine Unruhe ins Fahrwerk hinein.
Bei 45.600 km wurden die Kohlestäbe laut Kundendienstheft gewechselt. Das anschließende Vermessen der alten Kohlestäbe zur Kontrolle ergab zwar einen Verschleiß, doch der Toleranzbereich war noch lange nicht erreicht. Bei den etwa 50 DM teuren Stäben wäre es daher durchaus eine Überlegung wert, sie vor Auswechseln zu vermessen.
Im Zeitraum 1988/89 lief das Motorrad ohne Probleme. Hier war nur bei 54.000 km der Wechsel der hinteren Radlager fällig. Diese wurde auch gegen voll gekapselte Lager getauscht.
1990 ging die Batterie mächtig in die Knie und wurde erneuert. Außerdem hatten beide Blinkergehäuse vorn mit der Zeit Risse bekommen. Nicht, weil ich Bodenkontakt gehabt hatte, sondern weil sie dem Alterungsprozess unterlagen und von minderer Qualität waren.
Bei 78.000 km verabschiedeten sich die hinteren Federbeine und wurden gegen Koni-Federbeine gewechselt. Eine preiswertere Version als die Originale und zudem noch effektiver.
Am Saisonende bemerkte ich, wie sich die Endtöpfe in den Bereichen um die Prallblechnähte nach außen drückten. Ein Zeichen von Durchrostung. Ich kaufte schon mal vorsichtshalber ein paar Endtöpfe, montierte sie aber erst 1991 bei circa 85.000 km, nachdem sie dann tatsächlich durchgerostet waren. Heute bin ich schlauer – ich montiere die Endtöpfe nach der letzten Fahrt in der Saison ab und spraye dann leichtes MOS-Öl in die noch warmen Endtöpfe. Durch die Hitze verteilt sich der Öldampf recht gleichmäßig darin. Außerdem wird während der vorübergehenden Stillegung ein Öllappen in den Endtopf gesteckt. Ergebnis dieser Aktion: die Töpfe sind von innen weniger rostanfällig.
1992 machten dann die Bremsleitungen dicke Backen. Ich wechselte diese gegen Spiegler Stahlflex-Leitungen aus und hatte ab diesem Tag – mit der Bremsflüssigkeit SFR von Castrol – einen exakten Druckpunkt.
Ich fuhr die XJ 900 bis zum 6. Januar 1992, zu diesem Zeitpunkt hatte sie 81.600 km gelaufen. Danach wurde sie nur noch über die Winterzeit bis zum Frühjahr angemeldet, da sich zu ihr noch eine FJ 1200 gesellt hatte. Bis heute hat sie wenig über 90.000 km auf dem Tacho; sie ist noch immer sehr zuverlässig. Bis auf einen Wechsel der Schwingenlager und der Scheinwerfer-Reflektoren gab es keine größeren Reparaturmaßnahmen.
Die üblichen Wartungen wie das Wechseln von Motor-, Kardan- und Gabel-Öl wurden regelmäßig jedes Jahr durchgeführt. Bei Motoröl habe ich nur teilsynthetisches Öl (SAE 10-40) verwendet. Bis heute pendelt der Ölstand im Schauglas immer zwischen Maximum und Minimum. Es ist kein messbarer Ölverbrauch zwischen den 6000 Kilometer-Inspektionsintervallen festzustellen.
Wer jetzt glaubt, man bräuchte das Kardan- und Gabelöl nicht jedes Jahr zu wechseln, sollte sich einmal die Mühe machen, dies bei seinem Motorrad zu kontrollieren. Schon nach einer Saison hat man eine richtige schwarze Gabelbrühe. Bis jetzt habe ich kein spürbares Spiel oder Verschleiß in der Gabel registriert, geschweige denn beim Kardan. Beim dem heißt die Devise: Öl wechseln und man braucht erst nächstes Jahr wieder daran zu denken.
Bei den Reifen gibt es für mich nur die Alternative Metzeler ME 33 Laser vorn und ME 99 hinten. Im Schnitt hält der Vorderreifen zwischen 15.000 und 18.000 km und der Hinterreifen zwischen 11.000 bis 15.000 km. Es ist schade, dass von Seiten der Industrie für diese Modelle keine modernen Gürtelreifen in der entsprechenden Größe angeboten werden.
Was mich an dieser Maschine stört ist die Tatsache, dass die wenigen Plastikteile wie Lufthutzen, Blinkergehäuse und Seitendeckel auch bei regelmäßiger Pflege einfach anfangen zu reißen. Wie teuer japanisches Plastik ist, brauche ich wohl nicht zu erwähnen. Positiv ist dagegen anzu- merken, dass der Lack an Tank und Rahmen auch jetzt noch in einem guten Zustand ist.
Beim Spritverbrauch können sich so manche moderne Motorräder eine Scheibe abschneiden. Auf den vielen Skandinavien-Touren gab es schon mal einen Verbrauch von 4,5 Liter pro 100 Kilometer. Bei zügiger Fahrweise im Stadt- und über Landverkehr pendelt sich der Verbrauch bei 5,5 Liter ein. Bewegt man die XJ mit Volldampf auf der Autobahn, gehen nicht mehr als 7,5 Liter durch die Vergaser und das alles mit einem 21 Liter-Tank.
Wer übrigens meint, ohne Verkleidung nicht zügig fahren zu können, der irrt. Einfach mal bei einer längeren Tour den Tankrucksack vollpacken… man glaubt gar nicht, was der so alles abhält. Natürlich wird so ein bisschen die Arm- und Nackenmuskulatur trainiert.
Irgendwann werde ich mir ein neues Mopped zulegen. Am besten eine Kombination zwischen der XJ 900 und der bereits erwähnten FJ 1200, die mittlerweile auch schon 110.000 km abgespult hat. Eine Verkleidung möchte ich allerdings nicht mehr haben, da ich die Erfahrung gemacht habe, dass der Kunststoff mit zunehmendem Alter immer bröseliger wird. Die Alternative von Yamaha heißt XJR 1300. Da schiele ich nun schon seit dem Frühjahr drauf.
Ob ich die unverkleidete XJ 900 je verkaufe? Niemals, denn die sind schon richtig rar gesät und bei mir mutiert sie langsam zum Youngtimer. Außerdem habe ich meiner Frau ja versprochen, die Motorräder so schnell nicht zu verkaufen, und da gehört die XJ 900 dazu. – Über das Kaufen von Motorrädern haben wir uns nicht festgelegt.
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Kommentare
2 Kommentare zu “Yamaha XJ 900 (Mod. 1986)”
Ich fahre eine 84er XJ 900 mit knapp 130 000 km auf dem Tacho. Es hat sich noch kein Kunststoffteil verabschiedet, dieses Motorrad ist für mich mit das Beste was die Japaner in den achtzigern auf die Beine gestellt haben. Sie kommt völlig unscheinbar daher, aber wer sie über einen längeren Zeitraum fährt merkt schnell welche Qualität da drin steckt!
Bereifung und Tank
Nachweislich die besten Reifen für die alten XJ-Modelle sind die Bridgestone Battlax BT45 und der Tank aller XJ 900 fasst 22 Liter-