aus bma 05/02
von Silvio Lehner
Frühling 1998: Ein neues Motorrad musste her. Nach knapp fünf Jahren auf Yamaha XS 400 und Suzuki VX 800 musste es ein neues Moped sein, das vielseitig, kräftig, nackt, bequem (auch für zwei Personen) und vor allem langlebig war. Der eine oder andere Punkt wurde zwar von der XS oder der VX erfüllt, aber eben nicht von einer allein. Spaß machten beide, aber nach 55.000 bzw. 62.000 Kilometern war halt die Luft raus. Ewige Reparaturen zerrten an den Nerven und am Geldbeutel.
Die 1200er Bandit war mir ein Begriff und diverse Testberichte bescheinigten ihr die gesuchte Ausgewogenheit. Die Richtung war klar, also ab zu Suzuki und die Bandit 1200 Probe gefahren. Tolles Fahrwerk, starker Motor, flotte Optik – und fast fünf Monate Wartezeit. Nein, danke. Ich wollte schließlich im Sommer fahren.
Ich glaubte mich zu erinnern, dass Yamaha auch etwas in dieser Richtung anbot. Beim Händler stand dann auch eine XJR 1200. Wow, die Optik war einfach umwerfend! Nach der Probefahrt wollte mein Grinsen gar nicht mehr aufhören. Vier Zylinder, 98 PS und ein Drehmoment von 92 Nm sprachen für sich. Das Gewicht von knapp 250 kg vollgetankt fiel überhaupt nicht auf. Sechs Wochen Warten war okay.
Anfang Juni war sie da. Silberner Lack und Chrom an den richtigen Stellen, einfach schön.
In den nächsten drei Jahren fuhr ich mit der XJR 26.000 Kilometer, wobei es viel Spaß und wenig Grund zum Meckern gab. Auf einer Tour nach Rügen machte die hintere Bremsscheibe keine schönen Geräusche. Beim näheren Hinsehen stellte sich heraus, dass die Beläge total runter und die Scheibe riefig waren, und das nach nur 3000 Kilometern. Beim Wechsel der Klötze stellte ich dann fest, dass ein Bremskolben fest saß und ein Sicherungssplint fehlte. Wieder zu Hause, fuhr ich zum Händler, und die Teile wurden auf Garantie problemlos getauscht. Auch der Ölverbrauch erschien mir mit 0,5 Litern auf 1.000 Kilometern zu hoch. Beim Händler sagte man, dass sich das noch legen könne. So sollte es dann auch sein, der Verbrauch sank gegen Null.
Nach 5.000 Kilometern baute ich in die Gabel Wirthfedern ein, da die originalen viel zu weich waren. Bei glatter Fahrbahn kein Problem, doch bei Unebenheiten und beim Bremsen nervten sie gewaltig. Die hinteren Federn waren etwas zu hart, schlugen dafür selbst mit Sozius nicht durch.
Als bei 12.000 Kilometern der hintere Reifen fällig war, nutzte ich die Gelegenheit, um von 130/170 auf 120/180er Reifen vom Typ Bridgestone BT 54 umzurüsten. Richtig überzeugt hat mich aber erst der jetzt aufgezogene BT 020. Super Grip und nun auch vernünftiges Kurvenverhalten sorgen für Fahrspaß und Sicherheit. Der Kettensatz hielt ca. 18.000 Kilometer. Für lange Touren ist die Sitzposition wie geschaffen, aufrecht und entspannt. Für das Urlaubsgepäck sind links und rechts ausklappbare Gepäckhaken verbaut. Um dem Fahrtwind etwas zu entgehen, baute ich eine kleine Windschutzscheibe an. Die entlastet zwar den Oberkörper, der Helm bleibt aber voll im Wind.
Nach einem kleinen Umfaller, welcher den linken Auspuff beschädigte, baute ich eine 4-in-1-Anlage von BSM an. Die ganze Anlage kostete fast soviel wie ein einzelner Endtopf von Yamaha, war aus Edelstahl und wog deutlich weniger. Das Leistungsverhalten ist ähnlich dem Original, und der Sound ist auch klasse. Das war’s dann auch schon fast mit den Umbauten. Hinzu kamen nur noch Mini-blinker für die Optik.
Der Verbrauch liegt zwischen 6,3 und 9 Litern. Durchschnittlich sind es 7,5 l, was für eine 1200er in Ordnung ist. Zeitgemäß ist der Durst dennoch wohl kaum.
Der Motor zieht unglaublich stark durch und glänzt mit einer Laufruhe, die ihresgleichen sucht. Die Höchstgeschwindigkeit ist mit 220 km/h für eine Nackte okay, wird aber mit Genickstarre bestraft. Landstraßen sind eher das Terrain der Yamaha.
Die XJR ist für mich immer noch eines der schönsten Big Bikes, mit super Verarbeitung und einem fantastischem Motor. Obwohl sie ja eigentlich nur zweite Wahl nach der Suzuki war, habe ich mich richtig entschieden.
Ein Wort noch zu meinem Händler Natuschke & Lange in Delmenhorst. Dort stand man mir immer mit Rat und Tat zur Seite, die Inspektionen wurden immer schnell und ordentlich gemacht. Besser geht’s kaum.
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