Paragraphaus bma 12/07

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Schnäppchen kann man heutzutage überall machen. Einzig und allein entscheidend ist die Frage, ob es sich wirklich um ein Schnäppchen handelt oder ob im Nachhinein festgestellt wird, dass an der Sache ein Haken ist. So dachten es viele beim ausländischen EU-Führerschein. Es wurde viel darüber debattiert, ob er mit dem deutschen EU-Führerschein vergleichbar ist oder man gar Einschränkungen in Kauf nehmen muss.
Der EU-Führerschein kann überall in Europa erworben werden. Man muss hierfür lediglich 180 Tage in dem entsprechenden Land wohnen, um dort den Führerschein machen zu können. Es gehen eine Menge Gerüchte darüber herum, das es einfacher sein soll in Tschechien oder Polen den Lappen zu bekommen. Gerüchte – ich weiß nicht. Mein Führerschein wurde schließlich in Deutschland erworben.
Oft wird der Weg ins EU-Ausland gesucht, um eine heimische MPU (Medizinisch Psychologische Untersuchung) die in den meisten Fällen nach Entzug der Fahrerlaubnis wegen Alkoholfahrten angeordnet wird zu umgehen.
Im EU-Ausland wird einiges anders gesehen, als bei uns Dort kann man zumeist ohne MPU seinen Führerschein neu machen. Das EU-Ausland kennt überwiegend keine MPU. Das stellt alles noch kein Problem dar. Dies taucht erst auf, wenn die deutsche Führerscheinbehörde vom im Ausland erworbenen EU-Führerschein Wind bekommt und einen auffordert die MPU nachzumachen. Wenn man dies nicht tut wird einem der Entzug der Fahrerlaubnis angedroht bzw. man soll einen Stempel in den Führerschein bekommen, dass man nicht in Deutschland fahren kann mit der Begründung man habe gesundheitliche oder charakterliche Eignungsmängel. Die Konsequenz ist, dass man die MPU erfolgreich absolviert oder aber den EU- Führerschein abgibt.
Wenn man beides nicht will und auch nicht einsieht, schließlich hat man ja im EU-Ausland bewiesen, dass man fahren kann, dann muss man sich auf die Hinterbeine stellen und zur Wehr setzen.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in den Entscheidungen vom 29.4.2004 und vom 6.4.2006 seine Rechtsansicht zu dieser Problematik kundgetan. In der sogenannten Kapper- (Alkoholmissbrauch) und Halbritter- (Drogenmissbrauch) Entscheidung, die Kläger hießen Kapper und Halbritter, hat der EuGH verkündet, dass bei einem legalen Führerscheinerwerb im europäischen Ausland der Erwerber auch in Deutschland fahren kann, ohne den deutschen Behörden eine MPU vorlegen zu müssen. Zudem sind legal im europäischen Ausland erworbene EU-Führerscheine ohne irgendwelche Auflagen in einen deutschen EU-Führerschein umschreibbar. So der EuGH. Danach dürfen die deutschen Behörden lediglich Maßnahmen ergreifen, die die Nutzung der ausländischen EU-Fahrerlaubnis einschränken, wenn nach der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis Um- stände eintreten, aufgrund derer Zweifel an der Fahreignung bestünden.
Die Mehrzahl der deutschen Gerichte legt die Europarechtsprechung dahingehend aus, dass der Europäische Gerichtshof wohl kaum berechtigte Sicherheitsbelange von Mitgliedsstaaten ignorieren wollte und deshalb dem Inhaber eines ausländischen EU-Führerscheins aufzwingen kann einen MPU vorzunehmen um die vor Erlangung der neuen Fahrerlaubnis bestehenden Eignungsmängel auszuräumen. Die deutschen Verwaltungsgerichte sehen den sogenannten Führerscheintourismus als rechtsmissbräuchlich an, wenn für die Wiedererteilung einer zuvor entzogenen Fahrerlaubnis der Weg ins Ausland gesucht wird, um sich einer MPU zu entziehen. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Rechtsprechung durchsetzt und damit die Rechtsprechung des EuGH „verdrängt“ bzw. missachtet. Zu wünschen wäre jedoch, dass sich der EuGH demnächst klärend zu diesem Problem äußert, damit alle, die im EU-Ausland einen Führerschein erwerben, genau wissen unter welchen Voraussetzungen sie ihren Führerschein in Deutschland umschreiben lassen können bzw. in Deutschland uneingeschränkt benutzen können.
Wer Glück hat findet unter dem Tannenbaum einen Gutschein für einen Führerschein in Deutschland. Sofern erforderlich, wird die MPU dann auch noch absolviert werden können, wenn man die Sünden der Vergangenheit hinter sich gelassen hat.