aus bma 06/08
von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de
Heutzutage wird alles nur noch danach eingestuft, ob es „in“ oder „out“ ist. Out ist es z.B. zu blinken, Abstände einzuhalten oder gar links überholen. Ich weiß nicht, was heutzutage in den Fahrschulen gelehrt wird, kann mir aber nicht vorstellen, dass der Fahrlehrer einem sagt, dass nach § 5 StVO vor dem Ausscheren zum Überholen rechtzeitig die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen ist, dies aber uncool sei und man es deshalb lieber lassen soll. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass gelehrt wird, dass man auf der Autobahn einfach, ohne Beachtung des Seitenabstandes und der Größe der Lücke, auf die andere Fahrspur fahren soll, wenn man überholen will. Oder dass man gar dem Vorausfahrenden ordentlich Dampf machen soll, d.h. schön dicht auffährt, wenn man ihn beiseite haben will. All das hat mit unserer Straßenverkehrsordnung nichts zu tun und müsste eigentlich strengstens bestraft werden. Aber Ihr wisst alle: Wo kein Kläger, da kein Richter.
Da wir Motorradfahrer keine großartige Knautschzone haben werden uns solche Situationen und das Fehlverhalten anderer schnell zum Verhängnis. Ich bin zwar kein Fahrlehrer und verfüge auch nicht über pädagogischen Fähigkeiten, nachdem mich im Spätherbst jedoch ein Autofahrer, der weder einen Seitenspiegel, einen Blinker, noch die Einhaltung eines Seitenabstandes kannte, zu Klump fahren wollte, habe ich mir vorgenommen ein paar Grundregeln des Straßenverkehrs in der Hoffnung zu predigen, dass sich einige Verhaltesregeln im Straßenverkehr nicht durchsetzen oder gar als normal angesehen werden.
Da wäre zunächst das Blinken mittels des Fahrtrichtungsanzeigers. Das ist bekanntlich out, wie ich nun schon vermehrt mitbekommen habe. Es ist eigentlich aber eine sinnvolle Einrichtung die anderen Verkehrsteilnehmerin mitteilt, was man vor hat. In § 5 STVO steht: Das Ausscheren zum Überholen und das Wiedereinordnen sind rechtzeitig und deutlich anzukündigen, dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen. D.h. wer überholen will, muss rechtzeitig den Blinker benutzen. Er muss sich aber auch nach hinten vergewissern, ob er ohne Gefährdung eines anderen überholen kann. Folglich muss man nach hinten gucken, d.h. in den Rückspiegel und mittels Schulterblick. Man darf nicht einfach so rüberfahren und sich darauf verlassen, dass die Lücke schon reicht und der nachfolgende Verkehr abbremst. Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil einem Überholenden die volle Schuld zugesprochen, da er den nachfolgenden Verkehr zu scharfem Bremsen zwang und sich dadurch ein Unfall ereignete. Vor dem Überholen muss man natürlich rechtzeitig den Blinker betätigen. Rechtzeitig meint so lange, dass sich der folgende und vorausfahrende Verkehr darauf einstellen kann. Ein- bis zweimal blinken reicht sicherlich nicht aus. Wer kurz vor einem Aufrückenden zwecks Überholens ausschert, handelt grob fahrlässig. Als Beispiel sei genannt eine Entfernung von 30 Metern bei 140 km/h oder gar 50 Meter bei 160 km/h. Dann kommt eine Alleinhaftung in Betracht, wenn es zum Unfall kommt. Das Nichtblinken kostet lediglich 10 Euro, wenn falsch überholt wird können weitere 50 Euro und 3 Punkte dazu kommen. Übrigens man muss sich nach dem Überholen wieder rechts einordnen.
Auch das Rechtsüberholen kann teuer werden. In § 5 Absatz 1 StVO steht: Es ist links zu überholen. Tut man das nicht, kostet es zwischen 30 und 125 Euro. Zudem können bis zu 4 Punkte und ein Monat Fahrverbot hinzu kommen.
Wer meint, Abstand ist heute nicht mehr einzuhalten, der hat sich getäuscht. In § 4 StVO steht: Der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug muss in der Regel so groß sein, dass auch dann hinter ihm gehalten werden kann, wenn es plötzlich gebremst wird. In der Regel ist dies der halbe Tachowert. D.h. bei einer Geschwindigkeit von 120 km/h sind das 60 Meter. Die Leitpfosten an der Autobahn haben einen Abstand von 50 Metern, so dass 1 1/5 Leitpfosten Abstand gehalten werden muss. Ist die Unterschreitung des Abstandes ursächlich für einen Unfall, d.h. der Unfall hätte bei Einhalten des Abstandes vermieden werden können, dann muss man für den vollen Schaden aufkommen. Wer weniger als 5/10 des halben Tachowertes an Abstand unterschreitet, muss zudem eine Geldbuße zahlen. Das fängt an mit 40 Euro und einem Punkt in Flensburg. Bei weniger als 3/10 des halben Tachowertes kostet es 100 Euro, 3 Punkte und einen Monat Fahrverbot. Die Bußen gehen bis zu 250 Euro, 4 Punkten und einem Fahrverbot von 3 Monaten. Zu beachten ist jedoch, dass die Unterschreitung des Abstandes nicht nur kurzfristig war. Kurzfristig ist alles unter 150 Metern. Wer sich auf der Autobahn bis zu 1 Meter nähert und dabei wild die Lichthupe, die Hupe und den Fahrtrichtungsanzeiger betätigt macht sich zudem wegen Nötigung strafbar.
Ich appelliere an alle, auch im Interesse meiner Gesundheit, die Verhaltensweisen im Straßenverkehr nicht nach in oder out einzuteilen. Gelegentlich können auch Anzeigen Verkehrsrowdies zur Besinnung bringen. Es muss ja nicht immer gleich Gefängnis sein. Der Straßenverkehr ist mehr denn je auf die ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme aller Verkehrsteilnehmer angewiesen. Wenn die Grundregeln im Straßenverkehr weiter verfallen, wird sich auch unser eigenes Risiko zu Schaden zu kommen, nicht minimieren.
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