Vorwort der bma-Ausgabe 3/11 von Klaus Herder

Hallo Leute!

Das wahre Problem heißt Ehefrau!

Wer sich die Motorradverkaufs- und Neuzulasssungszahlen der vergangenen Jahre anschaut, ist geneigt, schwer depressiv zu werden oder am besten gleich Suizid zu verüben, falls man in der bedauerlichen Lage stecken sollte, vom Motorradgeschäft leben zu müssen. Es geht von Jahr zu Jahr kräftig bergab, und ein Ende der Talfahrt ist nicht wirklich abzusehen.

Schlaue Analysten sind in Anbetracht dieser Entwicklung immer sehr schnell dabei, im fehlenden Nachwuchs die Wurzel allen Übels zu sehen. Der Motorradführerschein sei zu teuer; die Motorradhersteller hätten keine faszinierenden Anfängermaschinen im Programm. Der Erkenntnis, dass unserer Szene die nachrückende Jugend fehlt, kann ich durchaus folgen – es ist ja kaum zu übersehen, die meisten Motorradtreffen ähneln mittlerweile DRK-Seniorennachmittagen. Doch die gern und oft vermuteten Gründe, nämlich die besagten Kosten und die fehlende Vielfalt, kann ich ganz und gar nicht nachvollziehen. Natürlich ist der Lappen heute viel teurer als vor 30 Jahren, aber dafür kostete Mitte/Ende der 70er ein 50-Kubik-Kleinkraftrad mehr Versicherung als heutzutage die stärkste 1000er – und wir sind trotzdem KKR gefahren. Und an fehlenden Maschinen kann es auch nicht liegen: Noch nie waren Gebrauchte so gut und günstig wie heute, was übrigens auch für Versicherungen, Helme und Bekleidung gilt. Für unter 1000 Euro gibt’s gute 500er, eine komplette Ausrüstung ist für 500 Euro zu bekommen. Zu teuer? Blödsinn!

Ich mache es mir deutlich einfacher und behaupte: Motorradfahren ist momentan schlicht und einfach uncool. Zumindest für 16-Jährige, die möglicherweise mit ansehen müssen, wie sich ihr 50-jähriger, mittelschwer übergewichtiger, im albernen Klimamembran-Fummel steckender und nur noch partiell behaarter Herr Papa mit seinen noch dickeren Kumpels vom VN 800-Club trifft und von alten Kreidler-Zeiten faselt. Das soll cool sein? Niemals.

Damit hier kein falscher Eindruck entsteht: Ich gehöre ebenfalls zu den alten Säcken, und ich liebe Gore-Tex. Aber ich kann verstehen, dass Jugendliche in ihrem Bestreben, sich von der Elterngeneration abzuheben, nicht ausgerechnet das Hobby betreiben wollen, das ihre alten Herrschaften toll finden. Jugendliche machen seit jeher am liebsten das, was ihre Eltern – salopp gesagt – so richtig scheiße finden. Daher hat es nach meiner Meinung momentan auch wenig Zweck, den Jugendlichen krampfhaft hinterherzulaufen. Wir brauchen einfach nur Geduld, die werden schon von ganz allein zum Motorrad finden. Spätestens dann, wenn wieder eine Elterngeneration am Ruder ist, die mit Motorrädern nichts anfangen kann. Unsere Energie sollten wir Motorradfahrer lieber an ganz anderer Stelle einsetzen: bei den „Schläfern“. Jenen Mittvierzigern, die einen Motorradführerschein haben, seit zig Jahren aber nicht mehr gefahren sind, aber insgeheim den alten Outlaw-Zeiten hinterhertrauern. Die wollen ganz gern wieder, haben auch durchaus die Kohle dafür (zumindest für besagte Gebrauchte), trauen sich aber nicht. Und genau an dieser Stelle sind wir gefragt, denn der Grund dafür, warum sich die Schläfer nicht trauen, ist meist weiblich und hat die Funktion Ehefrau: „So lange die Kinder noch klein sind, ist Motorradfahren unverantwortlich.“ Oder auch: „Wir müssen noch 15 Jahre das Haus abbezahlen, und da willst du ausgerechnet so ein teures Hobby betreiben?!“ Letztes Totschlagargument: „Die Kinder benötigen am Wochenende auch mal ihren Vater.“ Sagt diesen Motorrad-Verhinderinnen doch mal, dass schlaue Frauen ihrem Mann das Hobby gönnen, denn schlaue Frauen haben kapiert, dass 1. Nur ein zufriedener Ehemann ein guter Ehemann ist – und ein eigenes Motorrad macht ungemein zufrieden. 2. Jeder Euro, der ins Motorrad gesteckt wird, nicht verhurt oder versoffen werden kann. 3. Ältere Männer sowieso kaum noch fahren. Es geht meist nur darum, dass ein Motorrad in der Garage steht und dass man könnte, wenn man wollte.

Also lassen wir 2011 das peinliche Um-die-Jugend-Buhlen. Konzentrieren wir uns lieber auf die alten Kumpels, die eigentlich ganz gern fahren würden. Oder besser noch: auf deren Ehefrauen!