aus bma 5/11 von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen, www.janschweers.de
Jeder der schon einmal einen Unfall hatte weiß, wie kompliziert und anstrengend es sein kann, nach dem Unfall wieder so dazustehen, wie vor dem Unfall. D.h., dass ihm nach dem Unfall alle Schäden ersetzt werden. Besonders kritisch stellt sich oft ein Schaden dar, den man auf den ersten Blick gar nicht wahrnehmen kann und der deshalb nicht sofort erkannt wird.
Bei einem größeren Schaden, ab einer Höhe von 750 Euro, sollte immer ein Sachverständiger eingeschaltet werden, der das Zweirad genau unter die Lupe nimmt. Bei Schäden, die den Rahmen des Motorrades betreffen könnten, sollte auf eine Rahmenvermessung nicht verzichtet werden. Bei allen Schäden, die nicht im direkten Zusammenhang mit dem Rahmen stehen, sollte zudem genau geschaut werden, ob unmittelbar an die Schadensteile angrenzende Teile beschädigt wurden. Im Zweifel gilt es immer, zugunsten des Geschädigten Teile auszutauschen, um das Bike für die Zukunft sicher zu machen. Die gegnerischen Versicherungen sehen dies nicht immer so, sie beschränken ihre Haftung auch gerne auf Schäden, die man auf den ersten Blick erkennen kann.
Doch was ist mit möglichen Schäden, die man erst nach einer Materialüberprüfung erkennen kann und die der Sachverständige in seinem Schadensgutachten aufführt? Eine gute Frage, denn wenn später etwas an den Bauteilen passiert, wird wohl kaum eine Haftung der Versicherung zu beweisen sein. Ich denke hierbei hauptsächlich natürlich zuerst an Rahmenschäden, die schon bei einer Beschädigung der Lackierung oder Beschichtung anfangen. Es ist aber auch an Teile der Gabel, Schwinge oder Achse zu denken, die oftmals die enorme Kraft einer Kollision auffangen. An diesen Teilen sind aber nicht immer äußerlich sofort Schäden zu erkennen. Letztendlich kann hierüber nur eine kostenaufwändige Materialüberprüfung Gewissheit bringen.
Das Amtsgericht Lübeck (Urteil vom 9.3.2011, Az. 21 C 1721/10) hatte jüngst einen solchen Fall zu entscheiden. Zwar handelte es sich hier um einen Fall hinsichtlich einer Kollision mit einer Anhängerkupplung eines PKW, der Fall ist jedoch meiner Ansicht nach sehr gut auf Motorradschäden übertragbar.
Die Anhängerkupplung des PKW hatte minimale Schäden, wobei nicht klar war, wodurch diese entstanden waren. Der Sachverständige schrieb die Schäden und den Austausch in seinem Gutachten mit auf. Die Schäden wurden jedoch nicht ersetzt, so dass es zu einer Gerichtsverhandlung kam. Der Sachverständige wurde dazu angehört, ob auf Grund einer geringen Aufprallgeschwindigkeit die Schäden durch den Unfall verursacht worden waren. Er konnte hierzu keine 100-prozentigen Angaben machen, teilte dem Gericht jedoch mit, dass sein Berufsstamm üblicherweise bei solch einem Fall einen Austausch befürworten würde.
Das Gericht sprach dem Geschädigten Recht und sein Geld zu. Es argumentierte damit, dass sich der Geschädigte auf den Sachverständigen verlassen muss. Hält der Sachverständige es für erforderlich nach einem Unfall bestimmte Teile auszutauschen, da seine Prognose einen Schaden für möglich hält, müssen die Kosten hierfür erstattet werden.
Ihr solltet nach Unfällen Euren Sachverständigen genau auf den Unfallablauf, mögliche Kollisionsgeschwindigkeiten und Besonderheiten des Unfalls hinweisen, auch wenn sie Euch unwichtig erscheinen mögen. Nur dann kann er sich ein vollständiges Bild von den möglichen Schäden machen und Überlegungen anstellen, ob eventuell angrenzende Bauteile durch die Kollision in Mitleidenschaft gezogen wurden.
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