aus bma 9/12 – Rechtstipp von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen, www.janschweers.de

Wer schon einmal einen Unfall hatte weiß, dass nicht nur die Abwicklung eines Unfalls sehr schwierig ist, sondern auch alles, was nach dem Unfall kommt einer gewissen Begabung bedarf. Wer Motorrad fährt muss jedoch nicht zwangsläufig auch Ahnung von der Technik eines Motorrades haben. D.h. nicht jeder, der einen Unfall hatte und dessen Börse durch den Unfallverursacher mit Scheinen gefüllt worden ist, hat auch die Begabung sich ein Ersatzmotorrad auszusuchen und dies auch noch technisch zu untersuchen. Doch was soll man machen, wenn einem diese Fähigkeit fehlt.

Es gibt nur zwei Alternativen: Das neue Motorrad bei einem Händler des Vertrauens kaufen oder aber fachkundige Hilfe hinzuzuziehen. Die erste Variante ist völlig risikolos, denn ein Kauf bei einem Händler ist fast immer durch die gesetzliche Gewährleistung oder eine separat abgeschlossene Garantie abgesichert – Bastlerfahrzeuge und B2B-Verkäufe (Kauf unter Geschäftsleuten) mal außen vor. Gibt es nach dem Kauf Probleme mit dem Motorrad, greift einem der freundliche Händler unter die Arme. Die zweite Variante ist nur dann erfolgversprechend, wenn man jemanden kennt, der von Motorrädern und Technik etwas Ahnung hat. Dann kann zumindest ein Großteil des Risikos vermieden werden, vollständigen Schrott zu kaufen.

Interessant wird es, wenn man weder nach einem Unfall genügend Geld hat ein Motorrad bei einem Händler zu kaufen, weil der Wiederbeschaffungswert des verunglückten Motorrades so gering ist, dass solche Motorräder nicht mehr beim Händler gehandelt werden, noch wenn man niemanden kennt, der technischen Sachverstand hat.

Was soll man dann machen? Entweder das Motorradfahren aufgeben, was sehr traurig wäre oder aber fachkundige Hilfe engagieren. Die zweite Variante kostet meistens Geld. Macht man bei einem gebrauchten Motorrad einen Vertrauensscheck, um Gewissheit über den Zustand zu haben, muss man dafür Geld auf den Tisch legen. Eine interessante Frage ist, ob die Versicherung des Unfallverursachers für diese Kosten aufkommen muss, da man vor dem Unfall ein technisch einwandfreies Motorrad hatte und es einem nicht zugemutet werden kann, nach dem Unfall ein Motorrad ohne Kenntnis von dessen technischem Zustand zu erwerben.

Das Kammergericht in Berlin (Beschluss vom 11.02.2010, Az.: 12 U 92/09) musste sich mit diesen Kosten befassen. Eine schwere Rechtsfrage, die es zu entscheiden hatte. Letztendlich sah das Kammergericht die Kosten für sachverständige Unterstützung für erstattungsfähig an. Das Gericht ging sogar noch weiter und sprach auch den Ersatz der Kosten zu, wenn man ein Fahrzeug eines Händlers vor dem Erwerb untersuchen lässt. Es begründete seine Entscheidung damit, dass man sich nicht auf den Händler verlassen muss, da dieser das Fahrzeug ja „loswerden“ wolle.

Eine Entscheidung die es zu begrüßen gilt. Sie hilft allen Laien, die keinen technischen Sachverstand für den Erwerb eines Motorrades aufweisen können. Um eine gerichtliche Auseinandersetzung über diese Kosten zu vermeiden, kann ich nur anraten, die gegnerische Versicherung vor der Beauftragung eines Sachverständigen um eine Kostenübernahme zu bitten. Oftmals können die Kosten im Vorfeld abgesprochen werden und man muss sich nicht vor dem Gericht streiten. Eine Vorgehensweise, die alle Profis anwenden, um für den Mandanten schnell zum Ziel, dem neuen Motorrad, zu kommen.