Die Schweizer behandeln Motorradfahrer und andere motorisierte Verkehrteilnehmer als potentielle Verbrecher und haben die Strafen für Verkehrsdelikte drastisch angehoben. Ein Grund das Land zukünftig pauschal zu meiden, findet berthold Reinken…

 

Vorwort der bma-Ausgabe 5/13 von Berthold Reinken

Kein Urlaub mehr in der Schweiz…
 

Motorradfahren macht bei höherer Geschwindigkeit mehr Spaß. Warum wir es so lieben, schnell durch eine Kurve zu fahren und nicht mit dem oft am Kurveneingang gebotenen Tempo von 70 km/h? Eine Antwort auf diese Frage werde ich wohl kaum jemals erhalten.
Wir bewegen uns auf wackeligem Grund, wenn wir – auch als Autofahrer – hin und wieder mal schneller als erlaubt fahren. Natürlich müssen Verkehrsregeln, und dazu gehören auch Geschwindigkeitsbegrenzungen, in unserer dicht besiedelten Welt sein. Es kommt aber nicht selten vor, dass man auf eine Geschwindigkeitsbegrenzung trifft, die einfach nicht nachvollziehbar ist. Und besonders in diesen Verkehrsbereichen fährt man auch unbewusst zu schnell, wenn man zum Beispiel das Tempo-Schild übersehen hat. Gerade dort stehen natürlich dann die Knipser.
Wer verantwortungsbewusst fährt, der braucht eigentlich keine Vorschriften, dem genügt der gesunde Verstand und die Vernunft. Der fährt sogar mal langsamer als erlaubt. Besonders in Städten gibt es viele Straßen, die man besser nicht mit dem erlaubten Tempo 50 durchfährt.
Vernunft scheint aber nicht ausreichend weit verbreitet zu sein und so hat es sich auf der ganzen Welt eingebürgert, dass Radar-Kontrollen über die Einhaltung der Vorschriften wachen. In manchen Staaten, wie in Deutschland, gibt es zu den Geldstrafen noch ein Punkte-System, um Dauer-Flitzer für die Geld kein Problem ist, auszufiltern. Grundsätzlich halte ich so ein System für richtig. Wenn es aber seitens des Staates ausufert und dazu führt, dass man sich schon ständig verfolgt fühlt und über jede am Straßenrand in der Sonne aufblitzende Bierdose erschrickt, führt das nicht nur zu verkrampfter Fahrweise. Mir als Motorradfahrer nimmt es dann auch jeden Spaß am Fahren.
So weit ist es in unserem Land bisher noch nicht gekommen. Schaut man aber über die Grenzen in Europa, dann sieht das schon anders aus und ich habe Befürchtungen, dass uns so etwas auch mal droht.
Die Schweiz hat seit Anfang 2013 im Rahmen der Aktion „via sicura“ einen Straf-Katalog für zu schnelles Fahren eingeführt, der dieses Land für mich persönlich von der Landkarte verschwinden ließ. Ich bin kein Verbrecher. Für die Schweizer Regierung ist aber anscheinend jeder Verkehrsteilnehmer ein potentieller Krimineller. Dass bereits eine Überschreitung um 1 km/h geahndet wird ist lächerlich und nicht neu. Die Bußgelder wurden jetzt drastisch angehoben. So kosten zum Beispiel 11 km/h in der Ortschaft zu schnell umgerechnet 200 Euro! Eine Überschreitung um 15 km/h führt zur Strafanzeige, das gleiche bei 20 km/h Überschreitung au­ßerhalb von Ortschaften. Beschlagnahme und Verwertung (d.h. der Erlös kann in die Staatskasse fließen) des Fahrzeuges ist bei höheren Überschreitungen möglich und wer z.B. außerorts 60 km/h zu schnell erwischt wird, der wird wie ein Schwerverbrecher für bis zu vier Jahre eingesperrt. Das entspricht dem Strafmaß für bewaffneten Raub oder Vergewaltigung! Ein 46-jähriger Deutscher durfte übrigens gleich im Januar seinen BMW X6 abgeben (der Südkurier berichtete <hier>).
Bei Radarwarnern, auch im Navi (da teilweise vorinstalliert!) oder als Handy-App, ist in der Schweiz nicht nur wie bei uns die Benutzung, sondern der Besitz verboten! Geräte können eingezogen werden. Und öffentliche Warnungen vor Verkehrskontrollen sind auch verboten!
Es genügt übrigens auch die Aussage eines „glaubwürdigen Zeugen“ bei einem angeblich gefährlichen Überholmanöver, um ein paar Jahre im schweizer Gefängnis zu landen.
Drastische Geschwindigkeitsüberschreitungen sind kein Kavaliersdelikt, ein Verbrechen begeht man aber wohl immer mit Vorsatz und bewusst. Zu schnell kann man aber auch leicht mal aus Unachtsamkeit sein. In einem Land, wo ich als Verkehrsteilnehmer so leicht wie ein Krimineller behandelt werde, sitzen die Kriminellen nicht im Auto oder auf dem Motorrad sondern anderswo. Ich mache jedenfalls zukünftig einen großen Bogen um die Schweiz.

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