3x das Motorrad des Jahres
aus Kradblatt 2/25 von Konstantin Winkler
Lange ist es her … drei Dinge, die in den letzten zwei Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts vortrefflich in mein Beuteschema (was Motorräder betrifft, wohlgemerkt!) passten: BMW, die vollverkleideten RS-Baureihen und die weißen Sondermodelle.

1980 kaufte ich mir mein erstes Bigbike, eine BMW R 100 RS, Baujahr 1978 mit nur 479 Kilometern auf dem Tacho, als weißes Sondermodell (siehe KRADBLATT 11/2024).
Drei Jahre später machten sich die Bayerischen Motorenwerke selbst Konkurrenz: Mit viel Mut und einem Entwicklungsaufwand von 40 Millionen Deutscher Mark entstand innerhalb von drei Jahren unter der Typenbezeichnung K 100 das erste, noch unverkleidete Vierzylindermodell. Die eigentliche Sensation war, dass der Reihenmotor nicht wie üblich quer, sondern längs eingebaut war. Und neben einer BOSCH-Einspritzanlage wassergekühlt war. Diese eigenwillige Bauweise rief bald die Spötter auf den Plan, die vom „fliegenden Ziegelstein“ oder auch „Staubsauger“ sprachen. Auch meine Begeisterung hielt sich in Grenzen, obwohl die technischen Daten überzeugten: 1.000 ccm Hubraum und 90 PS bei 8.000 Umdrehungen pro Minute. Endlich konnte man mit der Konkurrenz aus Fernost mithalten. Trotzdem: „kaufe ich mir nie!“… höre ich mich noch heute sagen … Das sollte sich 1984 schlagartig ändern, als BMW die vollverkleidete K 100 RS präsentierte, und mir die Ehre zuteil wurde, das Modell auf dem Geesthachter Heidbergring probezufahren. Es störte mich überhaupt nicht, dass die Werksfahrer mich jede zweite Runde überholten. Reisen statt Rasen – das war schon immer meine Devise!
1988 stand dieses Modell dann in der Garage neben meiner R 100 RS. Selbstverständlich als weißes Sondermodell im M-Design. Aus dem gleichen Grund wie schon 1978 beim Boxer war die Wahl zum Motorrad des Jahres 1986 und 1987 der Grund für das K-Sondermodell. Die metallicweiße Speziallackierung war auf 1.000 Exemplare limitiert. Eine straffere Fahrwerksabstimmung mit kürzeren Federwegen sowie Pirelli-Radialreifen sollten dem bajuwarischen Paradepferd nicht nur auf die Sprünge, sondern auch zu exakterem Fahrverhalten verhelfen.

Erst 1.814 Kilometer hatte die BMW in den ersten zwei Jahren ihres jungen Motorradlebens gelaufen. Noch nicht einmal die erste Inspektion war gemacht worden. Milchige Ablagerungen im Motoröl, das wie Erdöl aussah und auch so roch, sowie zwei viel zu knapp eingestellte Ventile ließen Schlimmes erahnen. Unbegründet, wie sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten herausstellen sollte. Im ersten „Testjahr“ gab es lediglich die mangelnde Haltbarkeit der erstausgerüsteten Pirelli-Reifen zu kritisieren. Nach nur 8.500 Kilometern war der erste Wechsel fällig. Die Pneus aus dem Hause Metzeler halten tatsächlich mehr als doppelt so lange! Jedenfalls bei meiner Fahrweise.

Völlig problemlos und zuverlässig gibt sich das Motorrad. Dank elektronischem Motormanagement ist der Startvorgang ebenso unspektakulär wie das Fahren. Die Geräuschkulisse ist bescheiden. Der viereckige Auspuff müht sich dabei vergebens, das Heulen des Primärantriebes und des Sirrens der Benzinpumpe zu übertönen.
Nach dem Einfahren wurde die Höchstgeschwindigkeit ermittelt: 235 km/h laut Tacho! Ein einmaliges Erlebnis, im doppelten Sinne des Wortes. Denn wie eingangs schon erwähnt, sollte Reisen statt Rasen die Devise sein. Die 10.000- Kilometer-Marke wurde bei der ersten Alpenrundfahrt im schweizerischen St. Moritz übersprungen. Durchschnittlich 5,5 Liter Superbenzin (damals noch verbleit) flossen dabei durch die Einspritzanlage.
Einmal im Jahr wurden (und werden es immer noch) die Krauserkoffer für kleine und große Auslandsreisen gepackt. Anfang der 90er Jahre dann eine meiner weitesten Reisen überhaupt. Bei Kilometerstand 25.000 parkte die RS vor dem Kolosseum in Rom. Aber da war erst die Hälfte geschafft. Zweitausend Kilometer weiter südlich konnte sie ihre Geländetauglichkeit in der tunesischen Sahara unter Beweis stellen. Erwartungsgemäß war es jedoch damit nicht weit her. Auch diese Reise verlief ohne technische Probleme. Nicht mal das niederoktanige afrikanische Klingelwasser zeigte unerwünschte Nebenwirkungen.
Thermisch gesund ist der Motor. Das aufpreispflichtige Kühlwasserthermometer touchiert den roten Bereich allenfalls beim sommerlichen Stop-and-Go einer mediterranen Großstadt. Rechtzeitig springt dann der Lüfter an, um für zusätzliche Kühlung zu sorgen. Sonst ist immer alles im grünen bzw. blauen Kühlwasserbereich.
Ohne irgendwelche technischen Probleme wurde die magische 100.000er Marke überschritten.
Das Fahrwerk macht den Fortschritt gegenüber der /7-Baureihe deutlich. Der Brücken-Gitterrohrrahmen bezieht den Motor als tragendes Teil mit ein. Neu war 1983 auch die Art der Hinterradführung: Eine einarmige Leichtmetallschwinge mit einem verstellbaren Federbein. Die konventionelle Telegabel spricht auf Bodenwellen ebenso fein an, wie sie schwere Schläge bestens wegsteckt. Handlichkeit und Spurhaltung sind erstklassig.

An die Belastungsgrenze kam das Fahrwerk 2016 bei meiner Reise durch die Ukraine. Nicht einmal in Afrika hatte ich solche materialmordenden Straßen mit Schlaglöchern, die bisweilen beachtliche Tiefen erreichen können. Also hieß es Slalom fahren oder gleich neben der Straße den unbefestigten Seitenstreifen benutzen!
Motor, Kupplung, Kardan und die drei Scheibenbremsen verrichten klaglos ihren Dienst. Lediglich das Fünfganggetriebe lässt sich im kalten Zustand nicht geräuschlos schalten. Aber das ist für mich noch lange kein Grund zur Werkzeugkiste zu greifen!

Einen kleinen bauartbedingten Schönheitsfehler haben diese Motoren: Startet man das Motorrad, nachdem es längere Zeit auf dem Seitenständer gestanden hat, zeigt sich manchmal eine unschöne, aber harmlose Qualmwolke wie beim Zweitakter.
Der aktuelle Kilometerstand beträgt 142.000. In 35 Jahren bin ich ohne Pannen durch 28 Länder und 2 Kontinente gefahren. Von Norwegen bis Nordafrika, von Spanien bis in die Ukraine.
Von den üblichen Verschleißteilen abgesehen gab es nur zwei Reparaturen: Neue Lenkkopflager und die kombinierte Öl-/Wasserpumpe musste abgedichtet werden.
Trotz der hohen Laufleistung muss zwischen den Ölwechselintervallen (alle 7.500 Kilometer) nichts nachgefüllt werden. Beachtlich!
Meine weiße R 100 RS hat 175.000 Kilometer mit zwei Ersatzteilen geschafft (Kupplung und Anlassrelais). Ich bin auf die nächsten 33.000 Kilometer mit ihrer Nachfolgerin gespannt!
Inzwischen ist aus der K 100 RS ein Oldtimer geworden. Den längs eingebauten Vierzylinder hat BMW schon lange nicht mehr im Programm. Er wird jetzt quer eingebaut. Würde ich mir nie kaufen! Oder vielleicht doch, sollte es mal ein weißes RS-Sondermodell geben!? Aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei!
Technische BMW K100 RS – Sonderserie
- Länge: 2220 mm,
- Breite: 960 mm
- Sitzhöhe: 810 mm
- Trockengewicht: 229 kg
- Fahrfertig: 253 kg
- Zul. Gesamtgewicht: 480 kg
- Hubraum: 987 cm3
- Leistung: 66 DIN kW (90 PS) bei 8000/min
- Drehmoment: 86 Nm bei 6000/min.
- Höchtsgeschwindigkeit: über 200 km/h
- Kraftstoff: Normalbenzin, auch bleifrei
- Kraftübertragung: Einscheiben-Trockenkupplung, 5-Gang-Getriebe mit Klauenschaltung, Hinterantrieb über neuartige, im hohlen Schwingarm laufende Kardanwelle
- Vorderachse: Langhubige Teleskopgabel mit progressiver Federkennung, Federweg 185 mm
- Hinterachse: Verwindungssteife Einarmschwinge mit Gasdruckfederbein, Federweg 110 mm
- Bremsen vorn: 2 Festsattel-Scheibenbremsen 285 mmBremsen hinten: Festsattel-Scheibenbremse 0 285 mm, mit Bremsdosier-Vorrichtung
- Sonderausstattung Lackierung: perlmuttweiß-metallic Motorsport-Design, getönte Scheibe und Windflügel u.v.m.
- Preis: (ab Werk Berlin) UVP 17.160 DM inkl. Mwst

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Kommentare
Ein Kommentar zu “BMW K 100 RS”
Ich hatte auch eine K100 RS (bis der TüV uns schied). Danach R 1150 RS, R 1200 ST und K 1200 GT „probiert“ – und all die neueren fühlten sich massiver, unhandlicher und schwerer an, hatten viele ungünstigere Detaillösungen. BMW hat leider die Bauweise nicht mehr fortgeführt, nicht mehr so praxisgerecht und solide und dennoch handlicher. Wohl kein anderer Motor (von BMW) hat solch einen Ruf von Langlebigkeit wie der flying Blick Leiden müssen die Besitzer nur am ABS-System – das tadellos funktioniert, aber wenn es einen Defekt gibt, bei BMW keine Ersatzteile mehr zu bekommen sind …. und wer weiß bei Gebrauchtteilen schon, wie lange die dann halten.
Ach ja: ich finde das Design immer noch höchst gelungen! Aber das mag Geschmackssache sein.
Ich würde mir von BMW so etwas wieder wünschen.