Das neue Punktesystem birgt diverse Ungerechtigkeiten. Hier ein Kommentar dazu von Berthold Reinken…
Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 2/14 von Berthold Reinken
Das neue Punktesystem…
Wie die meisten von euch sicher inzwischen mitbekommen haben, tritt am 1. Mai 2014 ein neues Punktesystem für die Flensburger Verkehrssünderkartei in Kraft. Wer sich mal näher mit dem neuen Konstrukt befasst, kann eigentlich nur zu dem Schluss kommen, dass hier mal wieder absoluter Blödsinn getrieben wurde. Ein paar leichte Veränderungen am bestehenden System hätten völlig ausgereicht.
Hauptziel der Veränderungen war angeblich eine bessere Übersichtlichkeit zu schaffen, damit jeder Registrierte leicht erkennt, wieviel böse Punkte er denn hat. Betroffene könnten sich nun darüber freuen, dass die unsinnige Verjährungshemmung bei neu hinzugekommenen Punkten abgeschafft wird. Daraus wird aber erst mal so nichts, was bisher wohl kaum jemand mitbekommen hat. Auch der ADAC hat noch nicht begriffen, dass zumindest in den nächsten fünf Jahren kein Schwein mehr durchblickt über seinen aktuellen Punktestand. Wer nämlich glaubt, dass nun alle Punkte, die älter als 2,5 Jahre sind, gelöscht werden, erfährt hier sicher etwas Neues. Das alte System und das neue werden nämlich noch fünf Jahre nebenher laufen – unfassbar, aber wahr. (Wer’s nicht glaubt: Katja Schulz, Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Referat L23 – Telefon 030/2008 – 3060, E-Mail: buergerinfo@bmvbs.bund.de).
Es werden zwar Punkte, die man nach dem alten Recht zum Beispiel für Verstöße gegen die Umweltplakette erhalten hat gelöscht, weil es dafür im neuen System auch keine mehr gibt. Unser sogenannter Rechtsstaat ist aber nicht gewillt, diese Änderung auch auf die Verjährung zu übertragen. Begründung: Es soll niemand bevorteilt werden.
Der wahre Grund liegt nach meiner tiefsten Überzeugung woanders: Verkehrssünder sind in unserem Staat verhasster als Schwerverbrecher. Selbst ein Mörder oder Kinderschänder kann bei guter Führung mit Straferlass rechnen, was auch inzwischen eher die Regel ist. Für Verkehrssünder darf es aber nicht die geringste Amnestie geben. Dass mir Punkte, die ich mal vor mehr als vier Jahren erhalten habe, auch nach Einführung des neuen Systems noch weiter angerechnet werden, macht mich zornig. Diese Verfolgung von Verkehrssündern in Deutschland nimmt langsam krankhafte Züge an.
Wer übrigens am 30. April 2014 nach altem System einen Punkt hat, hat diesen nach Umrechnung der Punkte auch noch. Dadurch ergibt sich nachträglich eine Verschlechterung der Strafe, da sich die Bewertung anders darstellt. Ein Punkt im neuem System wiegt wesentlich schwerer als nur einer im alten. Das verstößt gegen das Gesetz, weil es eine nachträgliche Strafverschärfung ist, die rechtlich nicht haltbar ist. Ich empfehle allen Betroffenen Klage zu erheben.
Wer den Schreiber dieser Zeilen übrigens für einen notorischen Verkehrssünder hält, der irrt. Ich habe in 43 Jahren insgesamt zehn oder elf Punkte eingefahren und mein Führerschein war niemals gefährdet. Ich halte ein Punktesystem für Verkehrssünder für gut, fühle mich aber in den letzten Jahren immer mehr verfolgt. Die Medien hetzen gegen die „Raser“ und die Installation von Blitzanlagen und mobile Kontrollen nehmen immer mehr zu, und das obwohl die Zahl der Verkehrstoten ständig weiter sinkt. Weil so viel kontrolliert wird, heißt es als Rechtfertigung. In Wirklichkeit sinkt die Zahl der Toten, weil Autos immer sicherer werden und durch die Erfindung des Handys nach jedem Unfall immer sehr schnell Hilfe da ist.
Wenn eine leere Bierdose am Straßenrand aufblitzt, bekomme ich inzwischen immer einen Schreck und frage mich, ob ich eines der immer mehr werdenden Geschwindigkeitsschilder übersehen habe, die in ständig verrückter werdender Auf- und Abfolge aufgestellt werden. Dafür sollte sich unser Staat kräftig schämen.
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