Vorwort der bma-Ausgabe 12/11 von Rainer Miehe

Hallo Leute!

Schneller, höher, weiter…

…macht das Sinn? Der Rekord von heute ist der Standard von morgen! Nach diesem Motto wurde in der Motorradindustrie in den letzten Jahrzehnten gearbeitet. Waren es im letzten Modelljahr 180 PS, mussten für dieses Jahr gleich ein paar Pferde mehr auf der Kurbelwelle tanzen. Und wir Kunden haben mehr oder weniger fleißig gekauft und alles mitgemacht.

Herausgekommen ist dabei, dass wir völlig übermotorisierte Motorräder haben, die wir ohne elektronische Helferlein kaum noch bei Regen fahren können und die uns bei jedem Gaszupfer außerhalb des von der Rennleitung gesetzten Limits tragen. Aber diese Kisten machen sich sehr gut bei Stammtischdiskussionen und auf der Rennstrecke! Aber wann war ich denn mal auf der Rennstrecke?

Wo sind eigentlich Motorräder die folgende Eckdaten aufweisen: Vollgetankt 180 kg, Leistung über 80 PS, max. Drehmoment über 80 Nm. Bequeme für 2 Personen geeignete Sitzbank, einen Verbrauch von um die 4 Liter und einen Preis von unter 8000 Euro. Mein Ergebnis der Recherche: es gibt sie nicht!

Dabei wären diese Motorräder für das fröhliche Angasen auf der Hausstrecke genauso geeignet, wie für eine Wochenendtour mit den Kumpels oder den Sonntagnachmittag mit der Partnerin. Die Vorteile solcher Konzepte liegen auf der Hand: Handlichkeit und bei dem Leistungsgewicht eine gute Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit und mit dem geringen Verbrauch eine akzeptable Kostenbilanz.

Suzuki mit der SV 650 oder Honda mit der alten Hawk waren ja mal zumindest vor vielen Jahren dicht an einigen dieser Vorgaben dran. Aber jetzt ist bei den gängigen Herstellern diese Zielrichtung kein Thema mehr. Dabei wäre BMW beispielsweise mit der F 800 R schon in der Lage diese Daten zu erbringen. Da müssten einfach im Rahmen einer guten Diät die Pfunde purzeln und der Bleistift in der Kalkulation mal kräftig angespitzt werden. Aber das wird nicht passieren. Und so werde ich wohl ewig auf solche Motorräder warten einfach meine Youngtimer weiter fahren.

Anmerk. d. Red.: Ganz so pessimistisch wie Rainer sehen wir die Situation nicht. Suzuki Gladius, Kawasaki ER-6, Honda mit den neuen NC 700 Modellen (siehe Seite 11, bma 12/11) oder der CB/CBF 600, Yamaha XJ6, um nur einige zu nennen, liegen z.T. deutlich unter der 8000 Euro Markierung und bieten jede Menge Spaß! Und soziustauglicher waren eine SV und (vor allem) eine Hawk auch nicht. Das fiel damals nur nicht so auf, denn manche Sozia und auch deren Fahrer hatten da wohl noch eine andere Figur – da klappte es auch mit der Sitzbank, oder?! Das Angebot ist breit gefächert, das not­wendige Umdenken am Stam­m­tisch wäre doch mal ein guter Vorsatz für 2012…