aus bma 12/10 von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen, www.janschweers.de

Wer ist beschuldigt und wer ist betroffen? Diese Frage taucht immer wieder auf. Betroffen sind wir alle z.B. von Geschwindigkeitsbeschränkungen. Wir sind aber nicht beschuldigt, gegen diese verstoßen zu haben, denn beschuldigt kann nur sein, gegen wen ein Anfangsverdacht besteht.

Im letzten bma dieses Jahres will ich mich damit beschäftigen, wie man sich bei einer Vernehmung richtig zu verhalten hat und wann man über seine Rechte ordnungsgemäß aufgeklärt werden muss. Ein heikles Thema, denn oftmals wird man, ohne dass man es weiß oder ahnt und ohne dass man darüber aufgeklärt wird, geschickt ausgetrickst!

Das Oberlandesgericht Zweibrücken (Be­schluss v. 16.08.2010, Az. 1 SsBs 2/10) hatte jüngst einen Fall zu entscheiden, der sich mit diesen wesentlichen Unterschieden befasste.

Ein Betroffener wollte auf einer Polizeiinspektion einen Bekannten abholen. Offenbar machte er den Eindruck, als habe er etwas eingenommen. Der Polizeibeamte hatte jedenfalls den Eindruck, dass der Mann unter Drogen stehe. Er fragte ihn schlichweg, wie er denn hergekommen sei und der Betroffene antwortete gutgläubig, dass er mit dem Auto gekommen ist. Der Polizeibeamte sah hierin einen Verdacht einer Drogenfahrt im Sinne des § 24a Absatz 2 StVG und belehrte den Betroffenen, der jetzt zum Beschuldigten wurde, über seine Rechte.

In § 136 StPO heißt es, dass bei Beginn (!) der ersten Vernehmung dem Beschuldigten zu eröffnen ist, welche Tat ihm zur Last gelegt wird, dass es ihm freistehe sich zu der Beschuldigung zu äußern oder in der Sache auszusagen und er jederzeit einen Verteidiger fragen kann. Wer nicht richtig belehrt wird, kennt seine Rechte auch nicht und kann sich nicht entsprechend verhalten. Der Bundesgerichtshof hat in einer Grundsatzenscheidung geurteilt, dass ein Verstoß gegen die Belehrungspflicht zu einem sogenannten Verwertungsverbot führt. D.h. in einem Gerichtsverfahren darf eine Aussage, die ohne vorherige vollständige Belehrung erlangt wurde, nicht verwertet werden, wenn der Beschuldigte der Verwertung der Aussage widerspricht. Man muss sich dann in einem Gerichtsverfahren so verhalten, als wenn es die Aussage nie gegeben hat. In diesem Fall ist es so, dass man so tun muss, als wenn der Beschuldigte nie geäußert hätte, dass er mit dem PKW zur Polizeidienststelle gefahren sei. Das Gericht hätte ihn dann auch nicht wegen der fahrlässigen Drogenfahrt verurteilen können. Das ist das Verwertungsverbot. Das OLG Zweibrücken sieht das offensichtlich anders und vertritt in seinem Beschluss die Ansicht, dass nicht jeder unbestimmte Tatverdacht eine Belehrungspflicht begründete. Hier habe der Beschuldigte den Tatverdacht noch nicht verdichtet gehabt, so das OLG. Meiner Ansicht nach eine Fehlentscheidung, da die Frage, wie der Beschuldigte zur Polizeidienststelle gekommen sei, darauf abzielte, ob er gefahren ist. Folglich hätte der Betroffene belehrt werden müssen.

Seid also wachsam. Wenn Euch jemand etwas fragt bedenkt immer, dass nicht jede Frage beantwortet werden muss. Manchmal ist es im Leben besser einfach nichts zu sagen als munter drauflos zu plappern: Nach dem Motto mein Name ist Hase…