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aus bma 2/11 – Rechtstipp

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Das Alles-oder-Nichts-Prinzip im Versicherungsrecht gehört nunmehr seit zwei Jahren der Vergangenheit an. Heute zählt nur noch der Grad des Verschuldens und danach berechnen sich die Abzüge der Leistungen der Versicherung. Wurde einem vor zwei Jahren bei einem Fehler, z.B. beim Nichtabschließen des Motorrades und einem anschließenden Diebstahl, überhaupt kein Geld aus der Teilkaskoversicherung ausgezahlt, ist heutzutage zu unterscheiden wie schwerwiegend ein Fehler war. Danach entscheidet sich, wieviel Geld man bekommt.

Das „neue” Versicherungsvertragsgesetz sieht allerdings nicht vor, wie hoch die Abzüge bei dem jeweiligen Pflichtverstoß des Versicherungsnehmers sind und überlässt dies den Versicherungen bzw. im Streitfall den Gerichten. Da nach mittlerweile zwei Jahren bereits einige Streitigkeiten schon geführt und entschieden wurden, gibt es zu jedem Problem auch einige gerichtliche Urteile.

Im Bereich der Kraftfahrtversicherung ist heutzutage sicherlich ein interessantes Thema der Verstoß gegen Verwendungsklauseln im Versicherungsvertrag. Dieses Thema ist meiner Ansicht nach sehr wichtig, da man bei einer be­schränkten Verwendung des Motorrades sehr viel Geld sparen kann. Die Verwendungsklausel beschränkt den Gebrauch eines Motorrades auf eine bestimmte Verwendung, z.B. auf den Gebrauch des Motorrades nur durch den Versicherungsnehmer, nur auf Personen mit einem Alter von über 25 Jahren, auf Familienangehörige, etc.. Es ist alles möglich. Wenn eine sogenannte eingeschränkte Verwendung vereinbart wird, kann in der Regel an der Versicherungsprämie gespart werden. Verstößt man dann allerdings gegen diese Vereinbarung, kann die Versicherung Abzüge bei den vereinbarten Leistungen vornehmen, wenn für die zum Unfall führende Verwendung normalerweise mehr an Versicherungsprämie zu zahlen gewesen wäre. Fährt z.B. ein guter Freund mit dem Motorrad, obwohl gemäß des Versicherungsvertrages nur der Versicherungsnehmer hätte fahren dürften, und verursacht dieser einen Unfall, dann wird die Vollkasko für den Schaden nicht in voller Höhe aufkommen. Es wird dann nämlich zu Lasten des Versicherungsnehmers vermutet, dass er grob fahrlässig gegen den Versicherungsvertrag verstoßen hat.

Wer also beim Abschluss des Vertrages Geld sparen will und nicht berücksichtigt, dass eventuell auch weitere Personen das Bike fahren werden, kann bei einem Schaden erhebliche Probleme bekommen. Ihr solltet den Versicherungsvertrag immer nach dessen Erhalt genau durchlesen und bei Zweifeln kurzfristig mit Eurer Versicherung Rücksprache halten. Tut Ihr das nicht, dann wird man Euch immer grobe Fahrlässigkeit um die Ohren hauen und das kostet in einem Schadensfall immer Geld.

Eine berechtigte Frage in diesem Zusammenhang ist sicherlich, wie hoch denn der Abzug ist, wenn einem grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen wird. Diese Frage ist leider nicht pauschal zu beantworten. Es kommt immer auf den Einzelfall an. Die Schwere der Schuld hängt aber immer davon ab, wie lange der Verstoß gegen eine Verwendungsklausel gedauert hat oder ob es einmalig war. Es ist aber auch entscheidend, wie viel bei der Prämie gespart wurde, indem z.B. nur ein Fahrer für das Bike angegeben wurde. Es gibt Juristen, die Kürzungen von 50 bis 70 Prozent für angemessen halten. Bei hohen Prämiendifferenzen und lang anhaltenden Verstößen kommen sogar Kürzungen von 80 Prozent in Betracht. Bei einem einmaligen Verstoß und einer geringen Prämiendifferenz wird aber ein Abzug von 20 bis 40 Prozent völlig ausreichen.

Ihr solltet zudem auch beachten, dass Euch die Versicherung bei einem zusätzlichen Fremdschaden auch noch im Innenverhältnis in Regress nehmen kann. Die Versicherung zahlt dann den vom Freund verursachten Schaden eines Dritten und fordert Euch zusätzlich auf, einen Betrag, der maximal 5.000 Euro betragen darf, zurückzuzahlen.

Überprüft vor der nächsten Saison unbedingt Euren Versicherungsvertrag. Wenn Euch Zweifel kommen, ob die geschlossenen Vereinbarungen die Nutzung vollständig abdecken, ändert den Inhalt des Vertrages, indem Ihr Euch an Euren Versicherer wendet. Wer nach dem Motto handelt: „Es wird schon gut gehen”, kann böse auf die Klappe fallen und hierfür auch finanziell stark bluten.