
aus bma 11/08
von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de
Verlängerung oder Verkürzung unterscheiden sich wesentlich. Das eine dauert länger das andere folglich kürzer. Je nachdem in welchem Zusammenhang die Worte benutzt werden, sind sie positiv oder negativ. Die Verlängerung eines Führerscheins auf Probe ist genauso negativ wie die Verlängerung der Tilgungsfrist von Punkten im Verkehrszentralregister in Flensburg. Die Verlängerung einer Choppergabel oder des Urlaubs hingegen eher positiv.
Quatsch beiseite. Worauf ich hinaus will ist durch mein übliches Vorgeplänkel wohl nur schwer zu erraten. Jeder, der schon mal Probleme mit dem Gesetz hatte weiß, wie schwer es ist das Gesetz wieder auf seine Seite zu bekommen. Manchmal scheinen die Hürden schlichtweg unüberwindbar. Entweder man kapituliert oder man sucht nach Auswegen. Diese Aufgabe übernehmen dann Psychologen, Sozialarbeiter und natürlich auch Rechtsanwälte.
Solch schlichtweg unüberwindbare Probleme hatte ein Straßenverkehrsteilnehmer, der leider etwas zu tief ins Glas geschaut hatte. Seine Blutalkoholkonzentration betrug 1,32 Promille und dies auch nicht zum ersten Mal. Er war zuvor schon einmal mit Alkohol im Straßenverkehr aufgefallen und hatte sich erneut daneben benommen. Offensichtlich war ihm die Gefahr für Dritte nicht bewusst, denn ansonsten hätte er sein Fahrzeug lieber stehen gelassen. Er wollte sich bessern und besuchte eine Verkehrstherapie. Dies nicht ganz ohne Hintergedanken, denn diese Besuche können eine Verkürzung der Sperrfrist für den Führerschein bewirken. Die Sperrfrist wird vom zuständigen Gericht ausgesprochen und sie legt fest, wie lange man nicht am Straßenverkehr teilnehmen darf. Bei Alkoholdelikten über 1,1 Promille beträgt die Sperrfrist in der Regel mindestens 12 Monate. Es können aber auch Sperrfristen für einen weitaus größeren Zeitraum ausgesprochen werden. Dies hängt alles vom Einzelfall ab.
Im vorliegenden Fall wollte das AG Lüdinghausen (Urteil vom 15.07.2008, Aktenzeichen 9 Ds 82 Js 2342/08-70/08) eine milde Sperrfrist von 12 Monaten aussprechen. Der Angeklagte hatte jedoch bereits 10 Stunden bei seinem Therapeuten absolviert. Die Therapie war zwar noch nicht abgeschlossen, das Gericht sah hierin jedoch eine Grundlage, um die wesentlichen Eignungsmängel des Angeklagten zu verbessern. Letztendlich sah das Gericht von der 12-monatigen Sperrfrist ab und verhängte eine Sperrfrist von 8 Monaten. Dem Angeklagten wurden folglich 4 Monate erlassen, nachdem er einen Verkehrspsychologen besucht hatte und auch noch weiter besuchen wollte.
Ob das Urteil richtig oder falsch ist möchte ich nicht beurteilen, da mir die genauen Einzelheiten zu dem Fall nicht bekannt sind. Bei einer Erstverfehlung kann ich das Urteil nachvollziehen. Ich finde es richtig und auch rechtlich vertretbar, dass derjenige, der sich nach einem Fehler aktiv bemüht sein Verhalten zu verbessern bzw. zu verändern dafür belohnt wird. War jemand hingegen bereits zuvor schon einmal im Straßenverkehr auffällig und einschlägig vorbelastet, dann habe ich für eine weitere Verfehlung kein Verständnis.
Diesen Rechtstipp habe ich nicht als Anleitung für Mehrfachtäter verfasst, die uns alle als Verkehrsteilnehmer gefährden. Er ist vielmehr für all diejenigen gedacht, die einen Fehler begangen haben, hieran arbeiten und sich dafür fachkundiger Hilfe bedienen. Diesen Menschen sollte eingeräumt werden die Sperrfrist zu verkürzen. Nichts anderes gilt im Knast, denn auch dort kann man aufgrund guter Führung seine Strafe verkürzen und dies nicht zu knapp.
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