aus bma 5/10 von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen, www.janschweers.de
Motorradschutzbekleidung ist unter Bikern so ein Thema. Man kann dafür richtig viel Geld ausgeben und richtig viel Freude dabei haben. Im Vergleich zum Anschaffungspreis eines Motorrades sind die Kosten jedoch nur gering, zumal das Motorrad in der Regel alle 2-3 Jahre, die Schutzbekleidung jedoch nur alle 8-10 Jahre gewechselt wird.
Wer sich schon einmal richtig gute Motorradschutzbekleidung gekauft hat, weiß dies zu schätzen, weiß aber auch, was so etwas kostet. Um so ärgerlicher ist es, wenn die Schutzbekleidung noch vor Ablauf der Haltbarkeit einen Schaden nimmt und man auf sie verzichten oder gar die ausrangierten Klamotten wieder benutzen muss.
Bei der Verkehrsunfallabwicklung ist dieses Thema immer wieder gegenwärtig und die Rechtsprechung hierzu ist nicht einheitlich. Es gibt mehrere Berechnungsmethoden und Einigkeit besteht solange nicht, bis sich der Bundesgerichtshof der Sache mal angenommen hat. Dies ist jedoch nicht absehbar, so dass man sich bei dieser Thematik in die Entscheidungen der Oberlandesgerichte hineinfuchsen muss.
Zunächst ist hierbei das allgemein sehr bikerfreundliche Urteil des Oberlandesgerichtes München vom 23.01.2009, Aktenzeichen 10 U 4104/08, zu beachten. Das Oberlandesgericht München sieht sehr klar und ist der Ansicht, dass ein sogenannter Abzug „neu für alt“ nicht in Betracht kommt, da Motorradschutzbekleidung eine Schutzfunktion hat und diese Schutzfunktion auf Grund des Alters der Bekleidung nicht weniger wert wird. Folglich gibt es nach diesem Urteil den voll Kaufpreis ersetzt.
In einem Rechtsstreit wird die gegnerische Versicherung höchstwahrscheinlich die Höhe des Kaufpreises bestreiten, weshalb es sinnvoll ist, sämtliche Kaufbelege für die Schutzbekleidung auch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist aufzuheben. Ihr solltet Euch hierfür einen Ordner zulegen und dort die Bons mit sämtlichen Motorradquittungen bis zur Entsorgung der Bekleidung aufheben.
Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. sieht die Problematik in einem Urteil vom 22.02.2010, Aktenzeichen 16 U 146/08, ganz anders. Das OLG Frankfurt a.M. sieht nicht den Schutzzweck von Motorradbekleidung und will nur den Zeitwert und nicht den Kaufpreis des beschädigten Helms oder der Lederkombi ersetzen. Nach diesem Urteil ist also das Alter der Schutzbekleidung und ihre Restnutzungsdauer für den zu ersetzenden Betrag ausschlaggebend. Hatte z.B. eine Lederkombi einen Anschaffungspreis von 700 Euro und ist 4 Jahre alt, dann sind bei einer gewöhnlichen Nutzungsdauer von 10 Jahren noch 420 Euro zu ersetzen. Es müssen immer das Alter und die Restnutzungsdauer für die Berechnung des Schadensbetrages ermittelt werden. Beim Ersatz eines Helms führt dieses Urteil schnell dazu, dass es keine Zahlung geben wird, denn Helme soll man in der Regel alle 4-5 Jahre austauschen. Damit steht man bei einem 5 Jahre alten Helm nach einem Unfall schnell mit leeren Händen da.
Das Urteil wird sicherlich noch hart umkämpft werden müssen, denn es kann kaum angehen, dass einem die Schutzbekleidung zerstört wird und man letztendlich, wenn diese ein bestimmtes Alter erlangt hat, mit leeren Händen da steht. Dies gilt besonders für all die Biker, die ihre Schutzbekleidung vorbildlich pflegen und sie länger als gewöhnlich nutzen. Um einen möglichst hohen Betrag ersetzt zu bekommen, kann ich allen nur raten sämtliche Anschaffungsbelege aufzuheben und sich mit der gut sitzenden und gut aussehenden Schutzbekleidung, samt Helm, regelmäßig im Urlaub als Nachweis über den guten Zustand fotografieren zu lassen.
Ich werde mit großem Interesse die weiteren Urteile der Gerichte in der Zukunft verfolgen und letztendlich kann man nur hoffen, dass sich in naher Zukunft der Bundesgerichtshof mit dieser Frage der Abzüge abschließend befassen wird. Auf Grund der geringen Streitwerte ist dies aber nicht absehbar, so dass letztendlich die Höhe des Ersatzbetrages davon abhängig ist, wie gut und hartnäckig die Anwaltschaft Eure Interessen vertritt. Mit gutem Verhandlungsgeschick ist nach mehrmaligen Verhandlungen mit dem Unfallgegner oft ein anständiger Betrag herauszuholen. Wer jedoch zu früh aufsteckt, wird sich mit geringen Beträgen begnügen müssen.
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