aus bma 12/09 von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen, www.janschweers.de
Das Jahr neigt sich dem Ende zu und das Motorradfahren wird wetterbedingt immer seltener: Wer seinen Hobel noch nicht eingemottet hat, sollte sich langsam überlegen, wie er das gute Stück vor der schlechten Witterung schützen kann. Es gibt mehrere Möglichkeiten: Entweder mit einer Plane, in der Garage im Schuppen oder gar beim Händler. Da fragt ihr Euch: „Was beim Händler? Kann man da auch überwintern?“. Ja, bei vielen Händlern kann man tatsächlich Winterstellplätze für wenig Geld anmieten. Tolle Sache, denn der Händler wird auch ein Auge auf die immer wieder im Winter verreckende Batterie werfen.
Es gibt aber auch Biker, die ihren Händler ohne Anmietung eines Winterstellplatzes regelrecht ausnutzen, indem sie ihr Motorrad in Reparatur geben und dies dann erst im Frühling wieder abholen. D.h. sie melden sich einfach nicht beim Händler. Selbst auf die Bitte des Händlers, das zwischenzeitlich reparierte Motorrad abzuholen, erfolgt keine Rückmeldung. Und es gibt sogar Biker, die schlechtweg über mehrere Jahre ihr Motorrad nicht abholen. Sei es aus zwischenzeitlich eingetretenem Desinteresse am Motorradfahren oder aus akuter Geldnot. Der Händler steht dann ganz schön blöd da und wenn das mehrere Kunden machen, ist die Halle schnell voll. Die reparierten und nicht bezahlten Motorräder können zur räumlichen und finanziellen Qual werden. Was soll ein Motorradhändler also machen, wenn ihm langsam der Lagerplatz ausgeht?
Er kann den Kunden immer wieder anrufen und nachhaken. Wenn dann trotzdem nichts passiert, steht er dumm da. Er hat Kosten in die Reparatur investiert und ein Motorrad mehr in seiner Halle.
Es gibt auch Kunden, die ihr Motorrad einfach beim Händler abgeben und sich dann, wenn der Händler eine erste Durchsicht gemacht hat und die Kosten bekannt gibt nicht mehr melden bzw. nicht mehr erreichbar sind.
Der ärme Händler werdet ihr denken. Nicht ohne Grund, denn wer sich als Händler mit seinen Rechten nicht auskennt, wird mit diesen Problemen nicht so leicht fertig. Ein gescheiter Händler weiß sich jedoch zu helfen und wird in solch einer Situation sein Recht anzuwenden wissen. Er kann nämlich sein „Werkunternehmerpfandrecht“ ausüben und sich so von dem lästigen und platzraubenden Motorrad befreien, indem er dem Kunden einfach androht, das Motorrad zu verwerten und es nach Ablauf einer gesetzten Frist durch einen Gerichtsvollzieher versteigern lässt. Dies sichert zumindest, dass der Schaden nicht allzu groß wird und die Reparaturkosten abgedeckt werden.
Das darf er, wundert Ihr Euch jetzt möglicherweise. Ja, er darf, denn § 647 BGB besagt: Der Unternehmer hat für seine Forderungen aus dem Vertrag ein Pfandrecht an den von ihm hergestellten oder ausgebesserten beweglichen Sachen des Bestellers, wenn sie bei der Herstellung oder zum Zwecke der Ausbesserung in seinen Besitz gelangt sind.
Der Unternehmer (Händler) muss dem Besteller (Kunden), bevor er sein Pfandrecht in Geld umsetzt, zunächst schriftlich darüber benachrichtigen, dass er auf Grund der bisher nicht erbrachten Zahlung des Kunden von seinem Werkunternehmerpfandrecht Gebrauch macht und ihm zudem androhen, dass er sein Motorrad versteigert. Das Ganze muss beweisbar sein, d.h. den Unternehmer trifft die Beweislast dafür, dass er dem Kunden die Zwangsversteigerung auch angedroht hat. Am Besten lässt der Unternehmer das Schreiben per Gerichtsvollzieher zustellen. Die Frist die man für die Androhung der Versteigerung setzt, sollte mindestens einen Monat betragen. Reagiert der Kunde bis zum Fristablauf nicht, kann der Unternehmer einen Gerichtsvollzieher mit der Versteigerung des Motorrades beauftragen. Jeder kann bei dieser Versteigerung teilnehmen. D.h. sowohl der Händler als auch der Kunde können das Motorrad ersteigern.
Vom Erlös bekommt zunächst der Gerichtsvollzieher seine Kosten und dann der Händler sein Geld für die offenen Rechnung erstattet. Der Erwerber des Motorrades bekommt dann von der Zulassungsstellung auf Antrag die erforderlichen Zulassungsunterlagen. Dieses Prozedere kann der Kunde nur umgehen, wenn er rechtzeitig seine Rechnung zahlt oder nach Erhalt der Androhung der Versteigerung zahlt. Dann hat er jedoch aus dem Rechtsgrund des Verzuges auch die weiteren Kosten wie Zinsen, Rechtsanwalts- und Zustellungskosten zu tragen.
Auch Motorradhändler sind Menschen und die meisten sogar sehr nette. Mit netten Menschen geht man gut um, denn es werden immer weniger. Seid also nett und vor allen Dingen fair zueinander, denn nur so klappt unser System. Wer fair ist wird sicherlich bei seinem Händler keine Nachteile erleiden. Keiner will ausgenutzt werden.
Ich wünsche Euch allen ein schönes Weihnachtsfest, ordentliche Geschenke und ein heiles Jahr 2010!
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