aus bma 2/11 – Ausprobiert…

von Berthold Reinken

POLO Thermoboy ChillPOLO Thermoboy Verlours WischfingerWarme Hände braucht der Motorradfahrer im Winter natürlich auch und so probierten wir den IXS-Handschuh Antares mit GoreTex-Membran (125 Euro), den POLO-Thermoboy Chill und den Held Talin mit GoreTex-Membran (129 Euro) aus. Während die IXS-Finger einzeln verpackt werden, handelt es sich beim POLO und Talin um die so genannte „Schweinspfote”.

Der POLO Thermoboy Chill wurde früher unter dem Namen Reusch für 40 Euro angeboten. Nun kostet er nur noch 30 Euro. Gerade wegen des Preises wollten wir einmal wissen, was man für so kleines Geld bekommt. Er ist mit Handgelenk-Spannstreifen mit Klettarretierung und am Stulpenende mit Gummizug und Spannstopper versehen, was beim Tragen über den Ärmeln für eine dichte Verbindung sorgt. Zusätzlich hilft ein Innenbündchen mit Gummizug das Wasser am Eindringen zu hindern. Zweifellos ist der POLO damit von den drei getesteten Handschuhen derjenige, der sich am besten über den Ärmeln tragen lässt. Anzumerken wäre noch, dass jeder Finger trotz der 3-Finger-Ausführung innen einzeln eingepackt ist (Was beim Talin nicht der Fall ist). An den Handballen, den Stulpen und am kleinen Finger sind noch Verstärkungen für den Fall des Falles aufgenäht. Der Daumen des linken Handschuhs trägt eine, allerdings zu kurze, Wischlippe um Regentropfen vom Visier zu entfernen und jeder Handschuh hat an der Zeigefingertasche einen ca. 15 cm langen Velourlederstreifen zum Visiertrocknen. Damit ist der Chill für diesen extrem niedrigen Preis top ausgestattet.

Held Talin WInterhandschuhSturzverstärkungen fehlen dem Talin von Held gänzlich. Dafür punktet er mit dem angenehmsten Tragegefühl von allen. Das rührt hauptsächlich vom echten Lammfellinnenfutter her. Außerdem setzt er den Fingern beim Krümmen am wenigsten Widerstand entgegen. Hier ist besonders der IXS-Handschuh anfangs sehr gewöhnungsbedürftig, da man das Gefühl steifer Hände hat. Nach einiger Benutzungszeit gibt er allerdings etwas nach. Ungewöhnlich und gewöhnungsbedürftig ist der Stulpenabschluss der Held-Handschuhe. An jedem Handschuh sind zwei Klettriegel angebracht, mit denen die Stulpe angelegt werden muss. Außerdem ist das Futter in der Stulpe nicht mit der Außenhaut vernäht, was dazu führt, dass es beim Anziehen stört. Dafür ist der Talin wegen der eng anliegenden Stulpe der geeignetste Handschuh, den man unter die Ärmel schiebt. Die beste Sicherheitsausstattung hat zweifellos der IXS-Handschuh. Plastikkappen an den Knöcheln, ein Sturzpolster am Handrücken und zwei an der Stulpe, Schleifschutz am kleinen Finger sowie an den Handballen geben ein gutes Gefühl der Sicherheit. Handgelenkklettriegel und ein Gummizug mit Spannstopper am Stulpenende sorgen für guten Sitz und enges Anliegen an den Ärmeln.

 

IXS WinterhandschuheIXS WinterhandschuheNeben dem Kälteschutz wünschen wir uns von den Winterhandschuhen natürlich auch noch Wasserdichtigkeit, die ja von den Herstellern auch zugesagt wird. Eigentlich hätten wir alle Handschuhpaare gerne bei richtigem Regen ausprobiert, in einen längeren Guss gerieten wir auf unseren Testfahrten aber „leider” nur mit den Held-Handschuhen, die die Hände absolut trocken ließen. So war für POLO und IXS der Wassereimer gefragt. Fünf Minuten steckte der Tester die Handschuhe hinein. Ergebnis: Der linke POLO-Handschuh ließ in der linken Fingertasche heftig Wasser durch, der andere blieb trocken. Die IXS-Handschuhe waren beide dicht. Im Wassereimer und natürlich auch bei langen Regen­fahrten saugt sich das Außenmaterial der Handschuhe voll und sie werden recht schwer. Ein klammes Gefühl im Innenfutter hat man beim Anziehen noch am nächsten Tag und es dauert noch weitere Tage, bis das Leder wieder richtig trocken ist. Deshalb unser Rat: Immer ein paar große Latex- (oder andere) Regenüberhandschuhe dabei haben und diese, wenn es nach längerem Regen aussieht, darüber ziehen. Derartige Überhandschuhe kosten nicht mal 10 Euro. Man sollte aber seine Winterhandschuhe zum Probieren mit in den Laden nehmen, denn viele Überhandschuhe sind selbst in der größten lieferbaren Ausführung zu klein für dicke Winterhandschuhe. Auch das Gespür für’s Bike leidet und so sind Überhandschuhe nicht jedermanns Sache.

Alle drei Handschuh-Paare hielten bei einer jeweils einstündigen Fahrt bei ca. 2 Grad Außentemperaturen die Hände ausreichend warm, ohne Unterhandschuhe darunter. Danach wurden bei allen dreien früher oder später die Fingerspitzen kalt. Nach 1,5 Stunden wurde es sogar schmerzhaft. Da helfen dann nur noch beheizte Handschuhe.

inFactory HandschuhWer heutzutage etwas Spezielles sucht, der nutzt sicher oft eine Suchmaschine wie Google. Wir gaben mal den Suchbegriff „heizbare Handschuhe“ ein und fanden unter anderem zwei verschiedene Produkte, die wir bestellten und ausprobierten. Was wir eigentlich schon geahnt hatten, erlebten wir prompt auch mit den nur 25 Euro kostenden Heizhandschuhen der Firma „Infactory“. In ein Fach in den Ärmelbündchen müssen handelsübliche 1,5 Volt Batterien oder Akkus gesteckt werden, die den Strom liefern sollen. Die Praxis zeigt, dass damit aber nur die roten Kontrollleuchten der Handschuhe zum Glimmen gebracht werden. Die Handschuhe selbst ignorierten die Strom-Attacke und zeigen den kalten Finger. Der Hersteller rechnet möglicherweise damit, dass der Kunde sich nicht beschwert, weil er schnell einsieht, dass man für diesen Preis nichts erwarten kann. Also liebe Leute, Finger weg (im wahrsten Sinne des Wortes) von diesem Müll.

Thermo GlovesDafür waren die anderen Handschuhe ein Volltreffer. Die „Thermo-Gloves“ kosten 125 Euro (inklusive Versand) und werden unter den normalen Handschuhen getragen. Beheizt werden sie mit den mitgelieferten wiederaufladbaren Accus, die im Handschuhbündchen untergebracht werden. Da die Accus natürlich ziemlich auftragen, ist es wichtig, dass man Handschuhe mit möglichst weiten Stulpen besitzt, die problemlos darüber getragen werden können. Auch die Ärmelbündchen der Jacke müssen weit zu öffnen sein, damit die Handschuhstulpen bei Regenwetter gegebenenfalls darunter gesteckt werden können. Wer aber viel im Winter fährt, der dürfte entsprechende Bekleidung sowieso besitzen. Drei verschiedene Heizstufen können über jeweils eine Drucktaste an der Stulpe gewählt werden. Dabei signalisieren die Leuchten die gewählte Stufe. Rot bedeutet höchste Heizleistung, gelb ist die mittlere und grün die schwächste Einstellung. Wir testeten die Gloves auf einer zweistündigen Autobahn-Fahrt bei 4-5 Grad Außentemperatur mit einem Krad ohne Handprotektoren. Darüber trug der Tester ein paar Dreifinger-Winterhandschuhe. Ohne Heizhandschuhe waren auf früheren Testfahrten bei ähnlichen Temperaturen die Finger nach ca. eineinhalb Stunden eiskalt und schmerzten schon etwas. Mit den Thermogloves wurde die Auskühlung nicht nur verhindert, die Finger blieben auf der gesamten zwei Stunden langen Tour angenehm warm, und das bei niedrigster Heizstufe (grün). Nach Fahrtende wurde nicht ausgeschaltet um zu sehen, wie lange die Akkus durchhalten. Nach 5,5 Stunden erlosch die erste der beiden Kontrollleuchten. Eine Sechsstunden-Autobahnfahrt dürfte also problemlos mit warmen Händen abspulbar sein. Wer unbedingt noch länger am Stück unterwegs sein will, der sollte für 49 Euro einen 2. Satz Akkus gleich mitbestellen. Der besondere Vorteil dieser Handschuhe ist natürlich die Nutzbarkeit bei allen anderen Aktivitäten außerhalb des Motorradfahrens wie Ski-Laufen, Radfahren oder melken (da freut sich die Kuh). Das mitgelieferte Ladegerät hat zwei Anschlussstecker, so dass beide Akkus gleichzeitig geladen werden können. Beziehen kann man die Heizer bei: designed4inspiration GmbH, A-7072 Mörbisch (Österreich), Weinzelle 27, www.thermosoles.eu

Warme Füße sind auf einer langen Motorradfahrt natürlich auch wichtig (sonst muss man dauernd pinkeln). Eine mögliche Lösung ohne Eingriff ins Bordnetz sind Einlegesohlen, die über Akkus oder Batterien versorgt werden.

Therm-ic SohlenWir bestellten über Amazon die Therm-ic Schuhheizung Basix Set für 51 Euro und probierten sie aus. Die Sohlen müssen auf die Schuhgröße zugeschnitten werden, was kein Risiko darstellt, da der beheizte Teil nur recht klein ist und unter den Zehen liegt. Jede Sohle wird mittels eines Kabels mit der Akku-Box verbunden, die mit einem Klemmbügel am Stiefelrand befestigt wird. Die Hosenbeine sollten natürlich weit zu öffnen sein, am besten mit Reißverschluss, damit die Stiefel mit Boxen darunter passen. Drei verschiedene Heizstufen können direkt an der Akku-Box gewählt werden. In der Praxis zeigte sich, dass man mindestens mit der mittleren Stufe fährt, weil die Heizfläche eben nur unter den Zehen liegt. Dann gibt es aber auch bei Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt keine kalten Zehen. Wir bestückten im Test die Boxen mit 2700 mAh-Akkus. Nach knapp 4 Stunden waren diese leider ausgelutscht. Bei Heizstellung 3 geht das natürlich noch schneller. Wie die hier vorgestellten Unterhandschuhe lassen sich auch die Heizsohlen anderweitig, zum Beispiel beim Wintersport benutzen. Frierende Weihnachtsbaumverkäufer dürften ebenso ihre Freude daran haben.

Active Heat HeizsohlenVon der Firma Corporate Concepts AG erhielten wir die heizbaren Fußsohlen „active heat“. Sie kosten zwar 149 Euro, dafür ist der Akku aber in der Sohle eingearbeitet und Heizstärke sowie Ein- und Ausschaltung kann mit der beiliegenden Fernbedienung erfolgen. Auch hier liegt die Heizfläche nur unter den Zehen. Was wir aber schon beim ersten Betrachten geahnt hatten, bestätigte die Praxis sofort. Die Sohlen sind so dick, dass man die Füße nicht mehr in die Stiefel bekommt. Man wird also in der Regel ein paar weite Stiefel dazu kaufen müssen. Durch die Dicke ist ferner ein bequemes Laufen in den Stiefeln nicht mehr möglich. Unsere Test-Muster fielen aber letztendlich komplett durch, weil eine der beiden Sohlen nur eine minimale und die andere gar keine Heizleistung abgab. So können wir dieses Produkt leider nicht empfehlen.

Nachbemerkung: Es hat sicher in den letzten Wochen niemanden überrascht, dass Schneeschieber, Streusalz und Winterreifen plötzlich heftig teurer geworden sind. Auch die Hersteller warmer Bekleidung wollten da natürlich Kasse machen. Kurz vor Druckschluss überprüften wir die Preise der hier vorgestellten Artikel und siehe da: POLO hat den Preis des Chill auf 40 Euro erhöht und die Therm-ic Schuhheizung ist jetzt nicht mehr unter 70 Euro zu bekommen. Also schaut evtl. auch mal im Sommer nach Schnäppchen bei Motorrad-Winterausstattung!

Winterbekleidung haben wir übrigens in Ausgabe 1/11 ausprobiert. Den Artikel findet Ihr <hier>.